Es war einmal an einem wunderschönen Sommertag.
Ein junger Mann saß im Schatten einer alten, knorrigen Eiche und grübelte über sein Leben.
Nicht, daß es irgend etwas zu grübeln gegeben hätte. Denn wenn es ums Leben geht, gibt es immer etwas zum Grübeln und darum vermeiden wir es meistens mit viel Geschick, über unser Leben zu grübeln. Eigentlich war unser Freund auch heute gar nicht zum Grübeln aufgelegt. Aber als er die netten, wegen der Sommerhitze leicht geschürzten Mädchen dort unten auf der Wiese herum tollen sah, fiel ihm einfach nur mal ganz kurz ein, daß er schon länger keine richtig tolle Beziehung mehr gehabt hatte. So eine mit Kribbeln unter der Haut, im Bauch und noch etwas tiefer und dem ganzen anderen schönen Zeugs, das einem eine neue Liebe so in Aussicht stellt.
Und wenn uns Menschen erst einmal irgendein persönliches Manko, wie zum Beispiel, das einer nicht vorhandenen Liebe eingefallen ist, liegt es in der Natur unserer Rasse, von einer tiefen Grübelei gefangen zu werden. Das ist wirklich schlimm wenn es regnet, oder die Temperaturen unter dem Nullpunkt liegen, weil man dann auch noch in seiner Wohnung grübeln muß und einem dabei zusätzlich noch die Wände und die Decke auf den Kopf fallen könnten. Aber an einem Sommertag wie diesem….?!
Die Sonne wärmt das Herz, der leichte Wind weht durchs Gras, so, dass unserem Freund, jetzt sind wir also wieder am Anfang, die Grashalme gar lustig unter den Füßen kitzelten, während er grübelnd unter der Eiche lag, welche ihm Schatten spendete.
Immer, wenn eine leichte Brise mit dem üppigen Blätterwerk spielte, rauschte es dort oben in dem alten Baum ganz schummerig und unser Held wurde so langsam von einer leichten Schwere, die aber keine Schwermut, sondern eher eine Müdigkeit war, befallen. Zudem hatte der junge Mann letzte Nacht nur wenig geschlafen, weil er die halbe Nacht vor einer halben Geschichte und zwei vollen Flaschen Wein gebrütet
hatte. Die Geschichte war immer noch nur halb fertig. Der Wein dagegen lag in kleinen Einheiten in des jungen Mannes Magen, zwickte in seiner Blase und ein weiterer Anteil des alkoholischen Mostes ließ sich schwer in dessen Blut treiben. Der Rest des Weines hatte sich als leichter Nebel in unseres Helden Kopf niedergeschlagen. Wein kann sich aber nun Mal nicht schuldig, oder wenigstens mitschuldig bekennen, ein Verbrechen begangen zu haben, welches bei dem Geschädigten bleierne Müdigkeit und mahlende Kopfschmerzen hervorzurufen versteht. Weil Wein im Grunde genommen erst einmal passiv, weil er sich ja nicht aus eigener Kraft in den Kopf schütten kann und danach erst aktiv ist, lag sein Opfer nun unter eben dieser Eiche und mußte die Schuld an seinem mordsmäßigen Kater alleine bei sich selbst suchen. Und schon hat man einen weiteren Grund zu grübeln…., wenn….ja, wenn man nicht vor Müdigkeit einschläft.
Als unser Freund also fast, aber eben noch nicht so richtig, eingeschlafen war, sah er aus den Augenwinkeln ein herrliches Blatt Papier in der Sonne funkeln. Wie ein kleiner Zitronenfalter, halt nur in weiß, tanzte es mal hierhin, mal dort hin. Blieb kurz auf dem Rasen liegen, um sich sogleich mit der nächsten kleinen Brise wieder zu erheben und von ihr ein kleines Stück weitergetragen zu werden.
Es wedelte gar lustig durch die Sommerluft, schlug verspielt Purzelbäume, probierte ein paar Sturzflüge, legte sich nieder und flog dann mit dem nächsten leichten Windstoß wieder hinauf in ungeahnte sonnendurchflutete Höhen.
So flatterte das Blatt ziellos auf unseren Helden zu, um sich dann irgendwann sanft, voller Zärtlichkeit auf seinem Bauch niederzulassen und sich an ihn zu schmiegen.
Als der junge Mann einen kurzen Blick auf das Blatt warf, sah er, daß es eine wunderschöne Geschichte war. Und da er im Sommer immer ein eher schlechter als rechter Schriftsteller war, wollte unser Freund das Blatt an sich nehmen um die Geschichte, die es transportierte, zu einer für ihn guten Zeit in sich aufzunehmen, um vielleicht seine erlahmende Kreativität zu steigern. Oder auch nur, um sie zu lesen und sich an ihr zu erfreuen.
”An einem warmen Sommerabend gibt es doch nichts schöneres als in einem Biergarten bei einem kühlen, frisch gezapften Blonden zu sitzen, die Menschen in ihrer Sommerlaune zu beobachten und sich dabei eine leichte Geschichte zu Gemüte zu führen.”
Gerade das dachte unser Held, als er vorsichtig nach dem Blatte griff. Aber genau in diesem Augenblick trug es der Wind mit sich fort. Das Blatt lächelte unseren Freund entschuldigend an und verabschiedete sich in höhere Luftschichten.
Da unser Freund, nennen wir ihn doch einfach Sonnenjunge, da also Sonnenjunge zwar im Sommer ein eher schlechter als rechter Dichter war, ließ er sich trotzdem nicht alles gefallen. Schon gar nicht von schönen Geschichten, die ihm erst den Mund wässrig machten, um sich dann so mir nichts, dir nichts aus dem Staube zu machen. Da sollte sie sich bei Sonnenjunge schwer verrechnet haben.
Voller Tatendrang erhob sich Sonnenjunge und nahm unverzüglich die Verfolgung auf.
Fortsetzung folgt…
(C) Andreas Franke
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